„Mama, ich bin 20 Jahre alt und ich will nicht sterben!“

Brief, der bei einem unbekannten Soldaten gefunden wurde, am Tag seines Todes (Frankreich) 

Vor 110 Jahren, 1914, brach der Erste Weltkrieg aus. Ein signifikanter Schauplatz dessen war ab 1916 für 300 Tage die französische Stadt Verdun. Um der Tragödie näher zu kommen und mehr über die „Hölle von Verdun“ zu lernen, stand auch in diesem Jahr eine Exkursion der Jahrgangsstufe 12 in die französische Stadt an. 

Um 6:45 Uhr des 29. Aprils 2024 brachen zwei Busse mit insgesamt circa 70 Schülern in Richtung Frankreich auf. Begleitet von Frau Dohle, Frau Hahn, Herrn Haas und Herrn Simonis gestaltete sich die vierstündige Fahrt amüsant mit viel Musik. Ohne Stau und mit einer kurzen Pause in Luxemburg erreichte der Buskonvoi um kurz vor 12 das  Mémorial De Verdun Champ De Bataille, ein dreistöckiges Museum zum Gedenken an die schrecklichen Zeiten von 1916. Zusammen mit Herrn Köppl und Herrn Baus von der „Deutschen Kriegsgräberfürsorge e.V.“ wurden die Schüler nach einer kurzen Einführung in die Ausstellung entlassen. 

Dort wurden Relikte der Schlacht um Verdun ausgestellt. In mit schwarzen Holzpaneelen ausgekleideten Räumen schien eine ernste Atmosphäre aufzukommen. Aufgestellte Uniformen neben Handwaffen, Feldpostbriefen und Medaillen, Granatsplitter und Kriegsmaschinerie erinnerten an die Erfahrungen der französischen und deutschen Soldaten. Über Kopfhörer konnte sich jeder Ausschnitte aus Feldpostbriefen deutscher und französischer Kämpfer, gesprochen mit ruhiger Stimme, anhören. Inmitten der Ausstellung: eine dreiteilige Leinwand. Darauf Filme aus den Schützengräben in Verdun, Mitschnitte von detonierenden Bomben. Aus den Lautsprechern erklang die schreckliche Geräuschkulisse des ersten Weltkrieges. Im oberen Teil des Museums wurde anschließend die Geschichte des Mémorials dargelegt. Denn das gemeinsame Erinnern deutscher und französischer Bürger an den Ersten Weltkrieg war nicht immer so selbstverständlich wie heute. Gerade die Ereignisse des Zweiten Weltkrieges unterminierte erstmals die Chance dazu, so wird es Herr Baus am Ende des Tagesprogramms erklären. Besonders war die Möglichkeit, im dritten Stock durch VR-Brillen ein prägendes Bild des Krieges einzufangen. Schülerinnen und Schüler setzten sich die Brillen auf und konnten anschließend beispielsweise von einem Heißluftballon die Bombardements durch Kampfflugzeuge über Verdun beobachten. 

Nach zwei Stunden beendeten wir unseren Aufenthalt im Museum. Um kurz vor drei begaben sich die Schülerinnen und Schüler, locker geteilt in ihre Geschichtskurse, mit Herrn Köppl und Herrn Baus zu verschiedenen Orten des Gedenkens in unmittelbarer Nähe des Museums. Dort wurde den Schülern die Relevanz von Verdun dargelegt. In 300 Tagen starben hier an einer 35 Kilometer langen Front circa 300.000 Soldaten beider Seiten. Früher standen an diesem Platz einmal Häuser; Straßen verliefen dort. Nach der Schlacht um Verdun war davon nichts mehr übrig. „Fleury-devant-Douaumont“, so hieß das kleine Bauerndorf einst. Und auch heute noch. Das Dorf hat nach wie vor ein Ortsschild und einen Bürgermeister, damit die Ereignisse des Ersten Weltkrieges nicht in Vergessenheit geraten. Anschließend begaben sich die Schüler zu dem einzigen wiederaufgebauten Gebäude: der Kapelle. Diese stellt im Gedenken ebenfalls einen zentralen Punkt dar. 

Damit endete der historisch relevante Ausflug des ersten Tages. 

Am nächsten Morgen begab sich die 12. Stufe zum „Fort De Douaumont“, einem Fort wenige Busminuten nordöstlich von Verdun. Dort wurde den Schülern zuerst auf einer Erhöhung mit Schussanlage die geographische Lage und der Frontenverlauf erklärt. Kurz darauf begaben sich die Schüler in die Festungsanlagen. Unterhalb von drei Meter hohen Beton-Sand-Decken lebten während des ersten Weltkrieges zuerst französische, nach der Einnahme auch deutsche Soldaten. Die für etwa 750 Menschen vorgesehenen Räume waren kalt und feucht. Überbleibsel wie Betten standen noch an den gleichen Stellen wie 1916. Den Schülern wurde erklärt, dass die hygienischen Verhältnisse katastrophal waren. Gerade nach der Einnahme des Forts durch deutsche Soldaten verschlimmerte sich die Situation erneut. Statt für die vorgesehen 750 Menschen diente der Stützpunkt nun circa 3.000 Menschen als Kaserne. Da sich die Frontlinie durch die Einnahme nun drehte, mussten auch die letzten Luft- und Lichtlöcher durch metertiefe Sandsackbarrikaden verschlossen werden. Der Platz verkleinerte sich, frische Luft und Licht durchströmten die Räume nun nicht mehr und die Hygiene verschlimmerte sich. Nach einem längeren Weg durch die tieferliegenden Gänge erklärte Herr Baus der Gruppe, dass neben Artillerie und Krankheiten auch Führungsunfälle eine der vielen Todesursachen der Soldaten waren. 

Nachdem der Bus den Parkplatz des Forts wieder verließ, fuhren die Schüler zum Beinhaus von Douaumont. Ein eindrucksvolles Gebäude, eröffnet 1932. Die Architektur erinnert an ein in den Boden gestecktes Schwert zur Besiegelung des Kriegsendes. 130.000 nicht identifizierbare Leichen liegen unterhalb des Gebäudes. Bevor die Schüler eintraten, erklärte man ihnen, dass 1984 durch den damaligen deutschen Bundeskanzler Helmut Kohl und dem französischen Staatspräsidenten François Mitterrand dort ein historischer Moment entstand. Das angespannte deutsch-französische Verhältnis wurde am 70. Jahrestag des Ausbruchs des Ersten Weltkrieges durch eine Geste beendet: Kohl und Mitterrand gaben sich vor zwei Särgen deutscher und französischer Soldaten die Hand. Ein Bild, welches um die Welt ging. 

Im Gebäude selbst erwartete alle erst ein Film zum ersten Weltkrieg, anschließend dann der Besuch der Hallen in dem etwa 130 Meter langen Gebäude. Hier sind die Namen vieler Toten in die Wände gemeißelt. Dort verbrachten die Schüler eine gewisse Zeit. Eine mulmige Stimmung war in den Hallen zu verspüren. Inmitten des Gebäudes steht ein 46 Meter hoher Turm, von welchem die Schüler die 16.142 Gräber auf dem Vorplatz des Beinhauses beobachten konnten. 

Anschließend begaben sich alle auf den Soldatenfriedhof. Nach einer kurzen Einweisung wurde den Schülern ein Fragebogen übergeben. Sie sollten anhand der Gräber gewisse Charakteristika des Soldatenfriedhofes ermitteln. Darunter beispielsweise auch, dass ebenso muslimische Soldaten dort begraben wurden. Ihre Gräber waren nach Mekka ausgerichtet und hatten eine andere Form. Jedes Grab beinhaltete die Inschrift „MORT POUR LA FRANCE 1914-1918“, übersetzt „Gestorben für Frankreich“. Einige der 16.142 Gräber beinhalteten nicht nur einen Soldaten, sondern drei oder vier. Der grundlegende Gedanke hinter diesem Friedhof war es, den Soldaten eine gemeinsame Ruhestätte zu schenken. Jene, die in der Schlacht brüderlich zusammen kämpften, sollten hier zusammen begraben werden. Die Sonne schien am Tag des Besuches. Dennoch wurde eine bedrückende Stimmung unter den Schülern bemerkbar. Es war einer der erkenntnisreichsten Momente. Jeder verstand spätestens bei dem Anblick der Totenköpfe oder den 16.142 Gräbern, wie grauenhaft die Jahre 1914 bis 1918 gewesen sein müssen. 

Der letzte Stopp der Exkursion befand sich auf einem Friedhof deutscher Soldaten. Jene liegen nicht zusammen mit den Französischen auf einem Friedhof. Auf jenem Friedhof liegen mehr als 5.000 Soldaten, davon über 3.000 in zwei Sammelgräbern. 

Damit endete der lehrreiche Besuch der Stadt Verdun. Den Schülern wurde auf dieser Reise erneut bewusst, wie grauenhaft Krieg ist. Die Schüler der 12. Stufe möchten sich an dieser Stelle für das Engagement von Herrn Köppl und Herrn Baus von der „Deutschen Kriegsgräberfürsorge e.V.“, den überaus freundlichen Busfahrern und natürlich ganz besonders den Lehrkräften Frau Dohle, Frau Hahn, Herrn Haas und Herrn Simonis bedanken.

Zudem geht unser Dank auch an den Förderverein der Schule, an das Pädagogische Landesinstitut sowie an die Stiftung „Gedenken und Frieden“ für die große finanzielle Unterstützung.

Bericht: Maximilian J. Hack, Jahrgangsstufe 12;