„Die zwölf Geschworenen“

Theater am KuBa-Gym – „Die zwölf Geschworenen“ nach Reginald Rose: „Wir dürfen zweifeln, unsere Freiheit beruht darauf“

Nach dem angeblichen Mord an seinem Vater wird ein Junge zum Tod auf dem elektrischen Stuhl verurteilt – vorausgesetzt die zwölf Geschworenen, deren Namen unbekannt sind, die aber jeweils eine Nummer haben, befinden ihn einstimmig für schuldig.

Nach und nach lernt das Publikum genau diese Geschworenen näher kennen, die an einem heißen Tag in einem Raum eingeschlossen sind, um zu ihrem Urteil zu gelangen. Eigentlich sind es sogar dreizehn, denn zwei von ihnen sind unzertrennlich, haben aber nur eine Stimme (dargestellt von Felix und Leo Tetzlaff). Alle tragen sie schwarze Anzüge und weiße Hemden, nur einer von ihnen zieht schon zu Anfang sein Jackett aus.

Es sind völlig unterschiedliche Charaktere, die sich hier den Zuschauern präsentieren. Da sind der um Einigung bemühte Obmann (Lena Reinhardt), der nach Wahrheit suchende Maler (Tawan Kampa), der Baseballfan mit roter Mütze (Jannis Bäumler), der möglichst schnell fertig werden will, die mit großen Vorurteilen Belasteten (Annabelle und Luisa Kollig), die Logisch-Strukturierten und von der Schuld Überzeugten (Ina Henneberger, Emily Schon, Lara Schulz), der um Demokratie und Gerechtigkeit Bemühte (Vanessa Smirnov), der völlig Unnachgiebige (Ella Reinhardt), aber auch der zweifelnde und nachdenkliche Architekt (Merle Scheunert).

Der Richter (Felicitas Krechel) erklärt zu Anfang und auch zwischendurch immer wieder das Prozedere und reflektiert die Handlung. Gerichtsdiener (Noemi Hirt, Julia Janzen, Maya Meichsner) sorgen für das Wohl der Geschworenen und erledigen Botengänge.

Während ganz zu Anfang der Eindruck entsteht, dass das Urteil schon klar ist, zeigt eine erste Abstimmung ein Ergebnis von 11:1. Es ist der Geschworene Nr. 8, der Architekt, der an der Schuld des Opfers seine Zweifel hat und auf die Tragweite eines falschen Urteils hinweist. Schließlich gebe es kein stichhaltiges Motiv, der Täter habe einen langen Leidensweg hinter sich, die Zeugen seien nicht streng genug verhört worden. Die Wogen kochen hoch, jeder versucht seinen Standpunkt klar zu machen, vor allem der unnachgiebige Geschworene Nr.3 kann das Ergebnis weder nachvollziehen noch akzeptieren. Die Zeugenbeobachtungen werden rekapituliert, die angebliche Mordwaffe, ein Klappmesser, wird begutachtet und es kommen immer mehr Zweifel an der Schuld des Jungen auf. Es folgen weitere Abstimmungen, sowohl geheime wie auch offene und es stellt sich heraus, dass die Zahl der Zweifler jedes Mal zunimmt – dramaturgisch wird das dadurch verdeutlicht, dass diejenigen, die ihre Meinung ändern, ihr Jackett ausziehen, so dass immer mehr im weißen Hemd am Tisch sitzen. Der zwischenzeitlich einsetzende Regen bringt nur wenig Abkühlung für die Eingeschlossenen und immer wieder kommt es sogar zu tätlichen Angriffen, vor allem ausgelöst durch den stur auf seinem Standpunkt und seiner Überzeugung von der Schuld des Täters beharrenden Geschworenen Nr.3 („Mich kriegt ihr nicht“/ „Ich bring dich um“.)

Nach und nach gelingt es den Zweiflern, die Zeugenaussagen zunehmend zu entkräften, immer wieder initiiert durch das empathische und zielgerichtete Handeln des Architekten. Als letzter und fast schon unter Qualen zieht auch der Geschworene Nr. 3 sein Jackett aus und stimmt für unschuldig, nicht zuletzt bedingt durch persönliche Erlebnisse mit dem eigenen Sohn, die er bisher immer wieder verdrängt hat. Verzweifelt bleibt er am Tisch sitzen, als alle aus dem Raum gehen, und wird schließlich von dem Architekten begleitet, wobei beide sich einander mit Namen vorstellen.

Lang anhaltender Applaus war die verdiente Belohnung für die Schauspieler, die eine enorme Menge an Text bewältigen mussten und denen es gelang, das an sich eher handlungsarme Stück durch Gestik, Mimik und vor allem durch überzeugende Dialogführung immer mehr an Tempo aufnehmen zu lassen.

Ein besonderes Dankeschön gebührt der Regie unter Stefan Kliemt und Marie-Christine Kaiser, die in monatelanger Arbeit außerhalb der Unterrichtszeit mit der Theater AG geprobt haben.

Zum einwandfreien Ablauf trugen ferner die Techniker (Ole Leonard, Klara Spies) sowie der Souffleur (Silas Calle-Knöllinger) bei.

Die Spenden, um die am Ende gebeten wurden, sollen in Zusammenarbeit mit der Jugendgerichtshilfe dazu dienen, Kinder und Jugendliche, die auf die schiefe Bahn gekommen sind, zu unterstützen.